Reparatur eines Philips PM 3265

Dieser Beitrag war der erste meines ersten Versuchs, einen Blog zu eröffnen. Dieser Artikel hat den Blog-Versuch überdauert, ich habe daher das originale Datum beibehalten, obwohl wenn ich ihn nochmals von Grund auf überarbeitet habe.

Analoge Oszilloskope sind immer noch etwas schönes; auch wenn sie DSOs nie in ihrem Funktionenreichtum erreichen können, greife ich gerne von Zeit zu Zeit auf ein Gerät mit Bildrohr zurück. Die Haptik mechanischer Dreh- und Druckschalter und die direkte Wirkung der Potis steht in keinem Vergleich zur Bedienoberfläche eines DSOs, bei dem man zwangsläufig immer bemerkt, dass es eben doch Software ist, die sich um alles angezeigte kümmert.

Das PM 3265 ist dabei mein Favorit. Seine 150 MHz Bandbreite reichen mir für das meiste absolut aus und die alternierende Zeitbasis ist deutlich angenehmer als die wesentlich weiter verbreitete verzögerte Zeitbasis. Außerdem ist es das bisher einzige mir untergekommene analoge Oszilloskop mit eingebautem Multiplizierer.

Das Gerät, um das es hier geht, kaufte ich gebraucht und ungetestet auf eBay. Es folgt die glücklicherweise relativ kurze Geschichte der Behebung seines Defekts.

Fehlerbild

Einer der beiden Kanäle zeigte ein etwas seltsames Verhalten. Die folgenden Oszillogramme wurden mit einem direkt an beide Kanäle angeschlossenen Pulsegenrator aufgenommen, wobei der funktionierende Kanal jeweils oben ist.

Das Verhalten war unabhängig von der Zeitbasis und der Amplitude am Eingang. Die vertikale Skalierung habe ich deshalb auch nicht notiert (fairerweise muss ich aber dazusagen, dass sie zwischen den Bildern geändert wurde).

Deckel auf!

Die Abdeckungen auf der Ober und Unterseite sind sehr einfach zu entfernen und offenbaren das sehr gut gefüllte Innere. Sehr gut gefüllt auch mit keramischen Hybriden.

Prachtvoll! Nur nicht in Sachen Wartbarkeit.

Hoffen wir das nicht einer von denen schuld ist. Auch wenn ich glücklicherweise das Wartungshandbuch habe, welches die Schaltung im Inneren der Keramikvielbeiner zeigt, möchte ich nicht herausfinden, wie viel mir das weiterhilft.

Nachdem ich das Eingangssignal etwas durch das Gerät verfolgt habe, war klar, dass das Problem im Eingangsverstärker des defekten Kanals liegen muss. Auf dem Bild oben sind die beiden am rechten Rand erkennbar. Es sind zwie getrennte, abgeschirmte Baugruppen, die mit der Frontplatte verschraubt sind:

Die Eingangsverstärker, gesehen von der Unterseite des Geräts.

Um die versenkte Spezialmutter unter dem Drehschalterknopf entfernen zu können, braucht es ein Spezialwerkzeug, was ich aus einem Distanzbolzen feilen konnte. Der rechteckige Ausschnitt in der Frontplatte zwischen den beiden Skalen dient übrigens nur als Ankerpunkt für die Abdeckhaube.

Neben zwei Schrauben hält eine solche Mutter am Drehschalter den Eingangsverstärker an Ort und Stelle.

Im Eingangsverstärker

Das Schaltbild im Handbuch hat schon ein paar Notizen.

Wie gesagt hatte ich das Glück eines kompletten Wartungshandbuchs und konnte damit bequem das Schaltbild für die Ursachenanalyse zurate ziehen. Wer für das Rätsel hier ist: Das ist die letzte Chance für eine Lesepause.

Nachdem das Verhalten nicht von der Stellung des Drehschalters abhängt, kann der linke Teil mit den schaltbaren Spannungsteilern ausgeschlossen werden. Daran schließt die erste Stufe des Eingangsverstärkers an, wo, wie sich herausstellen wird, auch schon das Problem liegt.

Als erstes fällt auf, dass es getrennte Pfade für die hoch- und niederfrequenten Anteile gibt: Erstere werden über C116 wechselspannungsgekoppelt mittels TS101 verstärkt, während IC101 durch seinen vergleichweise großen Kompensationskondensator C120 einen Tiefpass bildet. Der Operationsverstärkers legt mit seinem Ausgang die DC-Vorspannung des Sourcefolgers mit TS101 fest und der am Emitter von TS103 angeschlossene Spannungsteiler dient zur Gegenkopplung für den Niederfrequenzpfad. Beide Pfade haben somit eine Spannungsverstärkung von nahezu 1, aber signifikante Stromverstärkung, welche nötig ist um die folgende Verstärkerstufe zu treiben.

Es muss einen guten Grund gegeben haben, um dieses Design zu wählen, denn es war sicher nicht ganz einfach, den Frequenzgang gerade zu bekommen. Und das ist für den Eingang eines Oszilloskops auch nicht gerade unwichtig. Ich vermute, dass die Temperaturabhängigkeit eines JFET-Sourcefolgers zu hoch war (und ein matched pair aus einem anderen Grund keine Option war).

In unserem Fall war TS101 die Ursache. Auf die Oszillogramme zu Beginn des Posts zurückkommend: Bei niedrigen Frequenzen fallen die verwaschenen Flanken auf, hier fehlen also die höherfrequenten Anteile, die TS101 verstärkern sollte. Bei 50 µs/div usf. erkennt man ebenso das Tiefpassverhalten des NF-Zweigs. Bei 5 µs/div tauchen Spitzen auf und bei 500 ns/div sind sie alles, was vom Signal übrigbleibt. Diese Spitzen sind die Flanken des Signals, die auch ohne TS101 durch C117, einen 15 pF-Kondensator, eingekoppelt werden.

Als passenden Ersatztypen für den nicht mehr erhältlichen ON471 habe ich den BFT46 gefunden. Interessanterweise war dieser Transistor schon einmal ausgetauscht worden (Flussmittelreste auf der Platine). Daher stammen dann vermutlich auch die Notizen im Schaltplan.

Voilà!